Stiftung Carls-Nacht: Hilfe von Mensch zu Mensch

Königstein  |  Schwarzer Anzug, langes Kleid, edles Menü samt Varieté auf Weltniveau und das Ganze dann aber doch bitte leicht, locker und familiär. Das klingt nach einem Widerspruch in Abendgarderobe. Ist es aber nicht. Den Beweis trat die Königsteiner Carls Stiftung mit ihrer Benefiz-Gala zum 20-jährigen Bestehen an. In den Mittelpunkt rückte dabei eine Frau, die am liebsten gerade da nicht steht.

Sie herzt, sie lacht, nimmt bei der Hand – bei der Vergabe des goldenen „Carl“ scheint Ursula Carls mit einem Mal gar nicht mehr zu merken, dass sie auf der Bühne des Hauses der Begegnung steht, die Scheinwerfer und Blicke auf sie und die Preisträger gerichtet sind.

Mag sein, dass Carls zunächst etwas gezögert hat, als die Idee aufkam, das 20-jährige Bestehen ihrer Stiftung mit einer großen Benefizgala samt feinem Mehr-Gänge-Menü und Tigerpalast-Akteuren zu feiern. Die erste Reihe und das Rampenlicht sind gemeinhin nicht gerade das, was die Königsteinerin sucht.

Spätestens an dieser Stelle des Abends jedoch scheint das vergessen. Jetzt ist Ursula Carls in ihrem Element. Denn sie kann das tun, was sie am liebsten tut: Denen helfen, die Unterstützung brauchen. Unprätentiös, schnell und vor allem ohne einen öffentlichen Dank dafür zu erwarten. Frei nach Goethe: Hier ist sie Mensch, und nichts anderes will sie sein.

Dazu passt die Auswahl der Preisträger. Sie sind das, was man wohl ganz normale Menschen nennt. Da ist der Schloßborner Schornsteinfegermeister Herbert Gerlowski, die Falkensteiner Grundschullehrerin Evi Dorn, und da ist die Frankfurter Ordensschwester Sigrid.

Alle drei machen sich um das Gemeinwohl verdient – an ganz unterschiedlichen Stellen. Schwester Sigrid vom Orden der Franziskanerinnen zum Beispiel bietet mit ihrem Verein „Lichtblick aktiv“ derzeit rund 40 Obdachlosen in Frankfurt ein Dach über dem Kopf. Jetzt will und muss sie aufstocken, es suchen immer mehr Menschen bei ihr Zuflucht. Und dafür braucht sie Geld.

Dass sie es zusammenbekommt – man kann es ihr nur wünschen, wenn man die engagierte Ordensfrau an diesem Abend auf der Bühne des Hauses der Begegnung sieht. Und man mag kaum daran zweifeln, wenn man hört, dass auch schon der Ende der 90er-Jahre amtierende Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) der Überzeugungskraft samt Fristsetzung von Schwester Sigrid „erlag“.

Lichtblicke für andere

Außerdem ist da ja noch die Carls Stiftung, die dem Verein „Lichtblick“ bereits die Anschaffung eines Transporters ermöglicht hat. Vielleicht ist ja auch noch ein Zuschuss zum Anbau drin? An diesem Abend gibt es zum goldenen „Carl“ – ein süßes, bauchiges Bärchen – erst einmal 1000 Euro. Ein Betrag, den alle Preisträger an diesem Abend erhalten – für ihr „besonderes soziales Engagement“.

Etwas Besonderes, das sieht und spürt man, sind auch die persönlichen Bindungen der Preisträger zur Stifterin. Mit Ursula Carls im Arm erzählt Herbert Gerlowski, der Vorsitzende des Hospizvereins „Arche Noah“, davon, wie die heute 93-Jährige den Verein vor einigen Jahren vor der Schließung des Hospizes in Niederreifenberg bewahrte.

Gedrückt von finanziellen Sorgen habe er sich damals in seiner Eigenschaft als Vereinschef auf den Weg nach Königstein gemacht, bei Ursula Carls geklingelt und um Hilfe gebeten. Ihre Reaktion, so Gerlowski, werde er nie vergessen. „Haben Sie am Montag Zeit?“, habe die Gönnerin ihn damals schlicht gefragt und, nachdem er das bejaht habe, einen Termin bei der Bank vereinbart. Ursula Carls sei es maßgeblich zu verdanken, dass die Arche damals nicht unterging und noch heute ein Ort ist, an dem Schwerstkranke und deren Angehörige sich auf den letzten Weg vorbereiten können.

Es sind aber nicht nur die großen, die schweren Themen (siehe „ZUM THEMA“), die Ursula Carls bewegen und von ihr unterstützt werden. Auch die vermeintlich kleinen, die leichten Dinge des Lebens, die anderen Menschen wie auch ihr ganz persönlich Freude bereiten, erfahren ihre Unterstützung.

Bestes Beispiel dafür sind die „Himbeerwichtel“, der Chor der Falkensteiner Grundschule, den Evi Dorn – die dritte Preisträgerin – vor 20 Jahren gegründet hat und nach wie vor leitet. Mit „ihren“ Kindern tourt Dorn durch die ganze Stadt, bringt Musik, Freude und Leben zu Senioren, Behinderten und auch zu Ursula Carls.

Zu deren 90. Geburtstag steuerten die kleinen begeisterten Sänger mehr als nur ein Ständchen bei, erzählte Evi Dorn und verriet den versammelten Gästen auch gleich noch, dass die Falkensteiner die „Himbeern“ sind und die Königsteiner die „Plasterschisser“.

Das sollte TV-Moderatorin Marlene Lufen, die charmant wie fröhlich durch den Abend führte, ebenso neu gewesen sein wie Hessens Sozialminister Stefan Grüttner. Letzterer hatte die Schirmherrschaft an diesem Abend übernommen und das Engagement der Stifterin als beispielhaft für bürgerliches Engagement bezeichnet.

„Wir können von Glück sagen, dass wir Menschen wie Frau Carls haben, die sich für andere einsetzen“, konstatierte Grüttner. In Anlehnung an die „Hessen Champions“ (früher „Hidden Champions“) – eine Initiative des Landes, die sich eigentlich der Auszeichnung erfolgreicher Unternehmer verschrieben hat – würdigte Grüttner die Königsteinerin als wahren „Champion“ und „Superstar in Hessen“.